Wir verwenden Cookies
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Fußläufig zum kleinen Bahnhof von St. Ingbert gelegen, ist man in weniger als 20 Minuten am Hauptbahnhof in Saarbrücken. Ich würde und werde stets wiederkommen.
Was auch an der erneut sehr guten Leistung der ebenfalls neuen Restaurantcrew lag.
Beeindruckend von Statur und Auftreten Nicola Cupelli, der seine Rolle als charmanter italienischer Gastgeber ("Dottore! Cavaliere!! Condottiere!!!") mit Herzlichkeit und angenehmer Selbstironie gab, vor allem aber mit absoluter Aufmerksamkeit. Als der vom Haus spendierte Prosecco nicht konvenierte, wurde sogleich eine Flasche Cava geöffnet (die mich, nach einer Nacht unter Gasverschluss, noch durch den Vormittag im Gartenstuhl begleitete). Neues Brot, aber sicher. Und als ich ob des noch sehr jungen, mIlden Pecorino nur die Stirn runzelte, eilte Nico schon in die Küche für gut gereifte Ware. Ein beeindruckender Beobachter und unterhaltsamer, gesprächiger Gastgeber, mit dem Gefühl für das richtige Timing. Am Ende des Abends suchten und fanden wir auf den Satellitenbildern der großen elektronischen Mappe seine Grundschule in Cosenza. Dazu rauschten zwar nicht die Busentowogen, aber die Pumpe des kleinen Gartenteichs (schlafen Goldfische eigentlich immer mit dem Bauch nach oben?). Ein jüngere Kollege, der mich schon an der Rezeption begrüßt hatte, war noch etwas unsicher, aber extrem bemüht. Volle Punktzahl.
Zur Einrichtung des Hauses und des Salons habe ich schon berichtet. Diesen Sommerabend konnte ich komplett auf der Terrasse verbringen. Dunkelgraues Gartenmobiliar aus durablem Kunststoff und Metall. Die Mittellehner mit Plastikgewebe bespannt. Mit meinem "üblichen" Kissen wurde für mehrstündige Bequemlichkeit gesorgt. Auf dem großen, farblich passenden Platzset war zurückhaltender eingedeckt, als im Inneren des Restaurant. Für den eher kleinen Tisch vorteilhaft, erst recht mit den großen Menuekarten. Spielereien, wie Gläser mit rundem Boden sind verschwunden, leider auch die durchaus beeindruckende Wasserkarte, mit mehr als 10 Varietäten. So kam statt Perrier zunächst nur Aqua panna ins Glas.
Dazu der besagte, bernsteinfarbene Rabetllat i Vidal aus dem Penedes, eher ein süffiger Cava für alle Tage. Gleichwohl eine Einladung, die ich gerne angenommen habe.
Während ich noch die Karte durchstöberte, wurden vier Scheiben zugekauftes Brot
gereicht, das erst trocken, nach erfolgtem Ersatz immer noch kein großer Genuss war. Wehmütig dachte ich das pan carasau des ersten Besuches. Immer noch im Angebot war die schön kräftige Trüffelbutter
Wie schon beim letztlich traumatischen Vorabend im Essener La Grappa wollte ich mich nicht von der Karte gängeln lassen und bestellte "freihändig" auch ein paar Klassiker:
Gemischter Aufschnitt mit Käse
Carpaccio von der Jakobsmuschel
Carne cruda
Gebratene Steinpilze
Tortelli mit Wolfsbarschfüllung in Safransauce
Seezungenröllchen mit Wildreis und Sauce cardinal
Gebratenes Kalbsfilet
Durch dieses Menue der eher feinen Aromen sollte mich einer meiner italienischen Lieblingsweine begleiten, ein Vermentino aus der sardischen Gallura. Soweit ich weiß, die einzige DOC-Appellation dieser Traubensorte. Eine Fruchtbombe in der Nase, und es machte mich fast wahnsinnig, bis ich endlich das intensive Bukett reifen Galiamelonen zuordnen konnte.
Die Entscheidung über Dessert oder Käse (es sollte anders kommen...) wollte ich noch etwas verschieben und wartete gespannt der Genüsse aus dem Land der blühenden Zitronen.
Die Küche schickte mir zunächst als Appetithappen Thunfisch mit Pistazienkruste sowie Gurken- und Radieschenmus
Das schön farbenfrohe, auch kreative Amuse enttäuschte mich mit recht wenig geschmacklicher Kontur. Vom Fisch war gar nichts zu merken, auch Würze Fehlanzeige. Am ehesten kam eine Assoziation von Gemüse-Smoothie mit Nüssen auf. Gegenüber dem Allerweltsbrot immerhin ein kleiner Fortschritt.
Aber schon legte die Küche mit dem italienischsten aller Menue-Eröffner los, gemischter Aufschnitt und Käse
Der San Daniele sehr gut, der Tiroler Speck noch besser. Keine Mortadella, aber die Salami Milanese nur einen Tick talglastig, um Längen besser als am Vortag in der Essener Promi-Geisterbahn. Der Pecorino erst völlig geschmacklos, aber da zauberte der gute Nicola ja schon die gelagerte Ware hervor: Andere Welt, intensives Schafmilcharoma. Gerade die richtige Härte zum Knabbern. Clou des Tellers indes die gerollten Streifen von eingelegter Paprika und Aubergine, die einen Hauch von Balsamico mitbrachten und ein paar Tropfen Olivenöl. Von allem jeweils zwei, drei Scheiben, so kann das weiter gehen.
Und es ging!
Carpaccio di Noci de Capesante
da fiel mir die Kinnlade runter. Rohe Ware von beeindruckender Qualität. Süßer Geschmack, trotz dünnster Scheiben. Wieder das Olivenöl in exakter Dosierung. Die Filetstücke von der süßen Orange nicht nur optisch eine perfekte Ergänzung, die Johannisbeeren erfreuten das Auge, an den Gaumen ließ ich sie vorsichtshalber nur in kleinsten Dosen. Perfekter Teller.
Jetzt wurde es mit dem rohen Carne Cruda vom Kalb etwas kerniger.
Frisch aufgeschnitten ging es mit dem gehobelten Trüffel und den fantastisch süßen roten Tropea-Zwiebeln eine wunderbare saftige Liason ein. Einziger Nachteil: Das Kalb war kaum dicker als für ein Carpaccio geschnitten und konnte meine erwachte Lust auf FLEISCH! nicht ausreichend stillen.
Was will ich Käse, will ich Nachtisch! Ein Tatar muss her!
Und es ist ja von Vorteil, wenn die Küche nur für dich tätig ist: Obwohl außer der Reihe bestellt, stand in Windeseile das Rindfleisch vor mir. Frisch mit dem Messer geschnitten. Saftig. Mit selbst gemischter Cocktailsauce schon leicht pikant angemacht und in runde Form gebracht serviert. Dazu getoastete, entrindete Weißbrot-Dreiecke
{Foto_179980
So einfach, so Fleisch, so gut.
Aber auch vegetarische Genüsse können glücklich machen und nicht immer ist Fleisch mein Gemüse: Also nach der insoweit eher mauen Vorstellung im bekannteren Revier - St. Ingbert hat übrigens einen Museumsstollen, der Steinkohlebergbau an der Saar wurde erst 2008 eingestellt - erneut mein Wunsch nach Fritto di Porcini
Und dieses Mal ein Volltreffer bzw. auf gut monnemerisch: Toll, toll, toll! Dicke Scheiben von wunderschönen Exemplaren. Mehliert und in einer Butter-Öl-Mischung leicht knusprig angebraten. Dazu sanft gezogener schmelzender süßlich-würziger Knoblauch. Die italienische Küche ist eine der besten der Welt, wenn sie produktfokussiert bleibt!
Und auch die folgende Pasta war makellos. Zwei Tortelli kamen al dente auf heißem Teller in üppig gelber Safransauce
Die Wolfsbarschfüllung war geschmacklich völlig präsent. So intensiv habe ich das selten erlebt. Im Gegenteil, schon in gefühlt Legionen fader Nudelfüllungen verzweifelnd nach einem Aroma gesucht. Mit dem Anschnitt
erhob sich zudem ein würziger Kräuterduft. Ist das Minze? Aber ja! Dazu Pecorino, Eier, Salz und fertig ist das perfekte Nudelgericht.
Als Fischgang Seezungenröllchen aufgestellt und mit Queller (Salicornes) als Füllung
Mit der leuchtend karmesinroten Sauce cardinal ein optisch überaus gelungener Teller in den italienischen Landesfarben (plus dunklen Wildreis, na gut). Das einzige Gericht, das mich nicht in allen Belangen überzeugte, ohne, dass hier von "schwächer" zu reden gewesen wäre. Die Filets waren nicht übergart, eines war etwas trockener als die anderen. Alle solo von typischem, feinem Geschmack. Der allerdings gegen die salzigen Algen unterging, von den schlicht zu viele eingerollt waren. Zu salzig für meinen insoweit zurückhaltenden Geschmack auch die samtige Sauce, der zudem die vermutlich verwendete Krebsbutter leider kein Krustentieraroma beigeben konnte. Auch eine pikantere Note wäre fein gewesen. Perfekt in allen Beziehungen dagegen der sehr heiß servierte Wildreis.
Vor dem Fleisch schickte die Küche zur Erfrischung des Geschmackssinns ein immens cremiges, etwas herberes Zitroneneis
Positiv überrascht war ich auch von der sehr milden Säure, so dass ich mal auf gut Glück Amalfizitronen vermutete. Tatsächlich war Limoncello verwendet worden; immerhin teilweise richtig geraten, das freut ja doch.
Als Höhepunkt stellte sich dann das Kalbsfilet heraus
Schon der Duft ließ mir das Wasser im Munde zusammen laufen. Perfektes Fleisch, schöne Röstnoten, im Anschnitt medium
wie ich Kalb mag. Sehr zart, aber auch sehr saftig mit einem nicht entfernten Fettrand, der auf der Zunge schmolz. Ein wenig toskanisches Olivenöl dazu angegossen, Salzflocken darauf und zurückhaltend gemahlener Pfeffer. Ich war im Paradies! Kräuter waren schon - sparsam - mit angebraten worden. Eine Auswahl lag auch auf dem Teller, zugleich Deko und DIY-Bausatz, den ich beim Rosmarin auch nutzte. Selbst das Gemüse war korrekt gegart, erfreulich anzusehen und jeweils mit Wiedererkennungswert am Gaumen.
Trotz wenig zartem Körper musste ich nach dieser Fleischeslust ein Dessert natürlich empört ablehnen.
Aber ersatzweise könnte doch ein Gläschen Passito für einen süßen Abschluss sorgen, so mein Plan. Nico bedauerte, nicht vorrätig. Schade. Aber ob es auch ein Sauternes
sein dürfe? Juhu! Und der war -Kunststück - gar nicht mal schlecht, mindestens gutes Mittelfeld. Und Cantucci gab es auch dazu. Beides auf Kosten des Hauses, wie ich später anhand der Rechnung bemerkte.
Zum abschließenden, in der heißen Tasse servierten und ansonsten nicht weiter erwähnenswerten Espresso Lungho wurde mir noch Schokolade angeboten. Aber man muss auch mal Nein! sagen können...
So endete ein überaus erfreulicher, netter Abend mit Köstlichkeiten aus der italienischen Küche.
Die gastronomische Leistung sehe ich wegen der genannten Kleinigkeiten zwischen 4,5 und 4,75. Aufzurunden fällt mir nicht schwer, gerade im direkten Vergleich zum Abend vorher.
Das PLV ist, wie beim Hotel, gigantisch. Alle Speisen summierten sich auf gerade 90€, der Vermentino kostete angemessene 49€ und nur über Espresso und Wasser will ich ausnahmsweise nicht lamentieren, Grund dafür wär vorhanden.
Ohne jede Einschränkung daher Ja!Ja!Ja! zur Villa Almarin. Möge ihr spendabler Inhaber dieses "Schmuckkästchen" noch lange pflegen!