"Sternerestaurant in Schwäbisch Hall"
Geschrieben am 09.06.2015 2015-06-09 | Aktualisiert am 11.06.2015
"Gemütliche Restauration, Verbesserungsmöglichkeiten beim Service"
Geschrieben am 17.05.2015 2015-05-17
"Schlemmen mit Aussicht in gehobener Lokalität"
Geschrieben am 30.03.2015 2015-03-30 | Aktualisiert am 14.04.2015
Wir sind heute ab 17 Uhr wieder für euch da mit frischen Spätzle, lecker Kaffee und kaltem Bier. Bis dann :-)
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Die serpentinenmäßige Anfahrt zieht sich hin und wie ich bei Google Map sah, gilt dies von allen Richtungen aus kommend, Es führt einen durch Dörfer, in denen um 18 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt werden. Am Ziel angekommen, findet sich ein großes hauseigenes Parkhaus direkt vor dem Restaurant.
Die Begrüßung ist vornehm zurückhaltend. Eine sehr freundliche Begrüßung hat für mich auch was mit dem Gast "in-die-Augen-schauen", Herzlichkeit und ehrlicher Freude über den Besuch zu tun.
Ab der gehobenen Gastronomie bin ich gewöhnt, daß ich an meinen reservierten Tisch geführt werde und nicht nur gesagt und gedeutet bekomme, welcher es ist. Das wird in der Eisenbahn anders gehandhabt, dafür wurden uns die Jacken abgenommen.
Das Ambiente würde ich als gediegen und rustikal, trotzdem edel und sehr gepflegt bezeichnen. Die Farbe der dunklen Balken an der Decke wiederholen sich im fast ebenso dunklen Teppich wieder, goldfarbene bodenlange Stores passen zu den mit weißen Stoffen eingedeckten Tischen, silberfarbene Leuchter sind dekorativ in dem Gastraum mit insgesamt sechs Tischen platziert. Davon sind drei an diesem Abend, und wie üblich mit Gästen Ü50, belegt. Sehr gemütlich sitzt es sich auf der runden Bank, die es an drei Tischen gibt. Sechs dunkelrote Rosen und Kerzenlicht schmücken den Tisch.
Die nächste Irritation kommt mit der Frage an unserem Aperitifwunsch. Ja gerne - und danach erst mal acht fragende Augen, da wir gewöhnt sind, daß jetzt eine Aufzählung verschiedener kommt. Manchmal gibt es ja mehr als "nur" Champagner, was dann auch sehr zögerlich aufgezählt wurde. Da es einmal ein alkoholfreier sein sollte, wünschte sich mein Begleiter, daß er gefragt worden wäre, in welche Geschmacksrichtung, ob frisch, fruchtig oder cremig, er gerührt werden darf. Welchen Inhalt dieser dann hat, wird erst erwähnt, als er gebracht wird.
Dazu, und zur Einstimmung kommen drei verschiedene kleine Köstlichkeiten auf Häppchenlöffeln und in eine Waffel gefüllter Frischkäse. Auch das Amouse Bouche erfreute uns mit drei kleinen Köstlichkeiten, die auf der Zunge zergingen.
Nach jedem Gang wurde neues WMF Silberbesteck mit weißen Handschuhen aufgetragen.
Angeboten wird im Moment ein 3 Gang Menü zu 65 Euro, ein 5 Gang Menü zu 100 Euro und ein 7 Gang Menü zu 130 Euro. wir haben uns jeweils für ein 4 Gang Menü wie es ausgeschrieben war entschieden. Es wäre sicher auch ein Austausch oder eine Wandlung in größere oder kleinere Portionen möglich gewesen.
Gegessen wurde:
Vorspeise: marinierte Perigord-Gänseleber, Quitte, Sorbe, Brioche
Zwischengang: Jakobsmuschel, Erbsencreme, Rote Beete, Beurre Blanc
Hauptgang: Müritz-Lammrücken vom Müritzhof in Stuer, Grüne Bohnen, confierte Tomaten, gebackener Salbei, Kartoffelgratin
Dessert: Lavendel und Almaco-Schokolade von Valrhona, Pate a Cigarette mit Eis gefüllt, Mousse von Lavendel
Meine Favoirten waren der Zwischen und der hauptgang. Dass eine "einfache" Erbsencreme so ein hervorragender Begleiter zweier Jakobsmuscheln sein kann? Einfach spitze diese Kombination. Nicht nur, daß wir etwas gesundes gegessen haben, die Rote Beete Scheibchen waren ein fröhlicher Farbtupfer über dem hellen. Noch mehr begeistert hat mich der Lammrücken, den ich so rosafarben und zart (ich meine jetzt explizit den des Müritzlamms) noch nirgendwo vorher gegessen habe. Drunter die knackigen dünnen Böhnchen und einen Klecks geschmacklich sehr kräftiges Tomatenmousse. Einer meiner Begleiter, und kein Fan von Kartoffelgratin, lobst dieses mit den dünnst geschnittenen Kartoffelscheiben in den höchsten Tönen. Dem konnte ich mich nur anschließen.
Die Gänseleber, handwerklich perfekt, wird meine letzte gewesen sein. Denke ich an das Martyrium, das eine Gans 24 Tage mitmachen muss, ist dies für mich kein Genuss mehr. Gänseleber aus dem Pergord ist Stopfleber und so weit mir bekannt ist, gibt es aus Kostengründen fast so gut wie keine natürlich gewachsene mehr.
Das Dessert war schon ein richtiges Kunstwerk, geschmacklich fanden wir es zu schokoladig. Ich kenne keinen Käse, der mich nicht mag. Der hier angebotene (ca. 12 verschiedene Sorten) riss mich dennoch nicht vom Hocker. Der Parmesan war sicher lange gereift. Die Größe des Brockens zeigt vielleicht auch, daß er nicht so der Renner hier ist.
Wir waren trotzdem sehr zufrieden, vor allem weil uns qualitativ hochwertige Speisen serviert wurden. Diese waren dann noch ohne viel Chi-Chi ansprechend angerichtet und wurden uns zeitgleich serviert. ein angenehmes Sättigungsgefühl, bei mir schon vor dem Dessert, stellte sich ein. Im Service ist Frau Wolf selbst und zwei junge Damen. Auch wenn ich diese anfangs kritisierte, so hat mir deren Freundlichkeit, Offenheit, Herzlichkeit und vor allem Frische gut gefallen. Bei soviel Routiniertheit und kühler Geschäftsmäßigkeit bei der Wirtin, waren diese beiden jungen Damen sehr wohltuend. Apropos kühl: Entweder waren meine zwei Begleiter zu leicht angezogen oder die Heizung war gedrosselt. Es war beiden zu kühl, mein kleiner Hund war erlaubt.
Die Tischreservierung erfolgte über Opentable. Ein paar Tage später ging ein Fragebogen derer bei mir ein, den ich mit einem Knopfdruck entsorgte. Für ein Restaurant diesen Kalibers finde ich den Fragebogen daneben.
Eine Empfehlung gibt es von mir auf jeden Fall und wir finden einstimmig, dass der Eisenbahn ein zweiter Stern ganz gut stehen würde. Trotzdem bleibt mein absoluter Favorit in Schwäbisch Hall immer noch Rebers Pflug.